Katastrophenhund

Spürnasen in Trümmern: Katastrophenhund im sportlichen Einsatz

Ein Katastrophenhund sucht in Trümmern (Zivilschutzanlage) nach verschütteten Personen. Dazu benötigt er nicht nur eine gute Nase, sondern muss auch körperlich topfit sein.

Gehören Katastrophenhunde zu den Rettungshunden?

Katastrophenhunde, die für Organisation REDOG (Schweizerische Verein für Such- und Rettungshunde) im Einsatz stehen, sind Rettungshunde, die in Ernstfall-Einsätzen aufgeboten werden. Die Katastrophenhundeprüfung, die unter dem Patronat der Technischen Kommission für das Gebrauchs- und Sporthundewesen (TKGS) steht, ist rein sportlicher Natur. So sucht der Hund in den Trümmern nicht nach echten Verschütteten, sondern lediglich nach Figuranten. Diese Unterscheidung ist wichtig.

Das heisst, jeder Hund kann zum sportlichen Katastrophenhund ausgebildet werden?

Ja, an Prüfungen sind Hunde aller Grössen, Rassen und Abstammungen zugelassen. Voraussetzung ist jedoch, dass der Hund eine sehr gute Nase hat, gleichzeitig aber auch gut führbar ist – denn: Bewertet wird an einer Prüfung nicht nur der Erfolg, sondern – in der Unterordnung und Führigkeit- auch das Such-System.

Unterordnung und Führigkeit? Was muss man sich darunter vorstellen?

Die Katastrophenhundeprüfung besteht aus zwei Aufgaben. Vor der Suche muss der Hund an einer Anzeigeröhre durch intensives Scharren und Bellen einen Figuranten Anzeigen. In der Trümmersuche muss der Hund in einem 1000 bis 4000 Quadratmeter grossen Trümmerfeld nach zwei fiktiven Figuranten suchen.

In der Unterordnung werden die Freifolge, die Distanzkontrolle, das Durchgehen einer Personengruppe und das freie Ablegen geprüft. In der Führigkeit sind vier Hindernisse die vom Anfang bis zum Ende frei Überquert werden müssen. Zum Schluss erfolgt noch das Detachieren; siehe Zeichnung.

Nach welchen Kriterien bewertet der Leistungsrichter die Arbeit?

Im Bereich Unterordnung und Führigkeit können maximal 100 Punkte erreicht werden. In der Freifolge muss der Hund gerade und dicht mit dem Hundeführer mitgehen. In der Distanzkontrolle lässt der Hundeführer in der Grundstellung warten entfernt sich 40 Schritte bleibt stehen und dreht sich zu seinem Hund. Auf Anweisung des Richters wird der Hund abgerufen. In der ungefähren Mitte muss der Hund auf ein Hörzeichen in einer beliebigen Stellung warten, anschliessend wird der Hund vom Hundeführer abgeholt.

Beim Durchgehen einer Personengruppe muss der Hund dem Hundeführer frei folgen, und darf die Gruppe nicht belästigen. Nach ca. 10 Schritten wendet der Hundeführer mit seinem Hund und hält an. Der Hundeführer lässt seinen Hund an Ort und Stelle warten und geht durch die Gruppe zurück zum Ausgangspunkt. Der Hundeführer dreht sich zu seinem Hund um und ruft ihn zu sich. Der Hund darf keinen Kontakt zur Gruppe aufnehmen. Beim freien Ablegen unter Ablenkung wird der Hund auf einem vorgeschriebenen Platz abgelegt und muss ruhig Liegenbleiben, während der Hundeführer in einem Versteck ist. Nach 3 min. wird der Hund vom Hundeführer abgeholt.

Führigkeit: Auf 4 vorbereiteten Hindernissen wird der Hund (nicht bei Fuss) über die Hindernisse geführt, er soll diese Aufgaben möglichst ruhig und selbständig lösen. Die Hindernisse müssen vom Anfang bis zum Ende überquert werden. Beim Detachieren muss der Hund auf Kommando und Sichtzeichen die Erhöhung im Zentrum annehmen anschliessend die nummerierten Erhöhungen absolvieren. Es wird auf eine gute Führigkeit geachtet.

Und die Figuranten in der Grobsuche? Werden die wirklich in den Trümmern versteckt?

An einer Prüfung müssen für die Suche vorgängig mindestens drei Verstecke präpariert werden. Das heisst: In den Trümmern werden Verstecke vorbereitet, in denen die Figuranten (mit warmer Kleidung, Schlafsäcken ausgerüstet) liegen können. Die Verstecke sollten sinnvoll ins Gelände eingefügt werden, sodass man von blossem Auge nicht erkennen kann, wo die Figuranten versteckt sind.

Und diese bleiben während einer Prüfung die ganze Zeit in den Verstecken?

Mehr oder weniger. Abhängig von der Dauer der Prüfung und der Anzahl Teilnehmer werden die Figuranten auch mal ausgewechselt. Sicher ist: Wer sich für diesen Job zur Verfügung stellt, darf nicht unter Platzangst leiden.

Wie muss man sich das Gelände der Sucharbeit vorstellen?

Eine Trümmeranlage ist ein Gelände, das typischerweise durch zerstörte Gebäude, Schutt und andere Abbruchmaterialien gekennzeichnet ist. Die Trümmeranlage wird für die meisten Prüfungen in Zivilschutzanlagen, Recyclinganlagen oder Werkhöfen vorbereitet.

Die Anzeige ist ein Bestandteil der Trümmersuche, findet aber ausserhalb der Trümmer statt. Dazu benötigt man eine grosse (Beton-)Röhre die auf der hinteren Seite möglichst Luftdicht abgeschlossen ist. Auf der vorderen Seite wird ein Holzdeckel an welchem Löcher auf der unteren Seite für den Witterungsaustritt versehen ist, angebracht. Die Anzeige des Figuranten erfolgt durch Bellen und Scharren.

Entscheidet der Hundeführer selber, wo er mit der Suche beginnen will?

Der Hundeführer erhält vom Leistungsrichter eine schriftliche Beschreibung der taktischen Lage (Gesamtheit der Umstände und Gegebenheiten, die bei einem Rettungseinsatz von Bedeutung sind), aus der er den primären Suchbereich eigenständig ableitet. Dieses «taktische Verständnis» fliesst ebenfalls in die Bewertung ein. Dazu gehören noch das Suchverhalten des Hundes, dessen Gehorsam und das theoretisches Wissen und Verhalten des Hundeführers, sowie die Erfolgszeit bei der Suche.

Erfolgszeit – was ist darunter zu verstehen?

Die maximale Suchzeit für die Trümmersuche beträgt 20 Minuten.

Was, wenn der Hund einen Figuranten nicht findet?

Dann gilt die Prüfung als «nicht bestanden». In der Trümmersuche gibt es maximal 200 Punkte, wovon allein 100 Punkte auf das Auffinden der beiden Figuranten und die Anzeigen entfallen. Konkret: 30 Punkte gibt es pro Figurant und 20 pro Anzeige. Um die Prüfung zu bestehen, müssen in jedem Bereich mindestens 70 Punkte erzielt werden – was nicht möglich ist, wenn der Hund eine Person in den Trümmern liegen lässt.

Was gehört zur Grundausrüstung des Hundeführers?

Gutes Schuhwerk, Rucksack und Helm der obligatorisch ist.

Und vor allem, braucht es Bewilligungen?

Ja, die Trainingsmöglichkeiten sind nicht nur eingeschränkt, sondern auch von der Verfügbarkeit eines passenden Trainingsgeländes abhängig. Je nach Wohnort nimmt man eine mehrstündige Anreise an den Trainingsort in Kauf. Keine Frage: Die Katastrophenhundeausbildung ist ein zeit- und kostenintensives Hobby.

Kann man den Hund auch alleine ausbilden?

Die Unterordnung und Führigkeit kann man durchaus alleine trainieren – bei der Trümmersuche jedoch ist man auf Helfer, sprich Figuranten angewiesen. Katastropenhundesport ist ein Teamsport, ohne gut funktionierende Trainingsgruppe geht es nicht. Und: Da man selber für die anderen Teams auch in die Rolle des Figuranten, sprich in die Verstecke schlüpft, dauert ein Training schnell mal mehrere Stunden.

Wie sehen die ersten Trainingsschritte aus?

Man beginnt mit einfachen Suchübungen am Anzeigeloch und in den Trümmern, bei denen viel Wert darauf gelegt wird, dass der Hund das Suchen und Finden von Personen positiv verknüpft. Endziel ist ja, dass der Hund bei einer Anzeige selbstständig und ausdauernd scharrt und bellt. Schrittweise wird dann der Schwierigkeitsgrad erhöht – grössere Suchfelder, längere Distanzen, schwierigere Verstecke der Figuranten.

Braucht man eine Wettkampf-Lizenz?

Für die Teilnahme an Katastrophenhundeprüfungen, die unter dem Patronat der Technischen Kommission für das Gebrauchs- und Sporthundewesen (TKGS) stehen, ist eine SKG-Mitgliedschaft zwingend und man benötigt ein Leistungsheft, das vorgängig beim TKGS-Sekretariat oder der entsprechenden Regionalgruppe bezogen werden muss. Wettkampf-Lizenzen gibt es nicht.

Wie weiss man, wo Prüfungen stattfinden?

Die TKGS hat auf ihrer Internetseite einen Prüfungsspiegel aufgeschaltet, in dem sämtliche Prüfungen laufend aufgelistet werden und zu denen man sich online anmelden kann.

Wo findet man weitere Informationen?

Auf der Webseite der Technischen Kommission für das Gebrauchs- und Sporthundewesen TKGS, www.tkgs.ch