Lawinenhund (LawH)

Spürnasen im Schnee: Lawinenhunde im sportlichen Einsatz

Ein Lawinenhund sucht im Schnee nach verschütteten Personen und Gegenständen. Dazu benötigt er nicht nur eine gute Nase, sondern muss auch körperlich topfit sein. Vierbeiner die schnell frieren, sind in diesem Sport definitiv fehl am Platz – und Zweibeiner, die nicht Ski fahren können, ebenfalls.

Gehören Lawinenhunde zu den Rettungshunden?

Lawinenhunde, die für Organisationen wie die «Alpine Rettung Schweiz» oder den Schweizerischen Alpen-Club (SAC) im Einsatz stehen, sind Rettungshunde, die in Ernstfall-Einsätzen aufgeboten werden. Die Lawinenhundeprüfung, die unter dem Patronat der Technischen Kommission für das Gebrauchs- und Sporthundewesen (TKGS) steht, ist rein sportlicher Natur. So sucht der Hund im Schnee nicht nach echten Verschütteten, sondern lediglich nach Figuranten. Diese Unterscheidung ist wichtig.

Das heisst, jeder Hund kann zum sportlichen Lawinenhund ausgebildet werden?

Ja, an Prüfungen sind Hunde aller Grössen, Rassen und Abstammungen zugelassen. Voraussetzung ist jedoch, dass der Hund eine sehr gute Nase hat, gleichzeitig aber auch gut führbar ist – denn: Bewertet wird an einer Prüfung nicht nur der Erfolg, sondern – insbesondere in der Feinsuche – auch das Such-System.

Feinsuche? Was muss man sich darunter vorstellen?

Die Lawinenhundeprüfung besteht aus zwei Aufgaben. In der Grobsuche muss der Hund in einem 5000 bis 9000 Quadratmeter grossen Schneefeld nach zwei fiktiven Lawinenopfern suchen. Die Feinsuche ist ein markiertes Schneefeld von bis zu 50×50 Metern. Darin wird vorgängig ein Rucksack 30 bis 50 Zentimeter tief im Schnee vergraben. Der Hund hat das Schneefeld in systematischer Quersuche abzusuchen. Der Hundeführer bewegt sich dabei nur auf der Mittellinie und schickt seinen Hund abwechslungsweise nach rechts und nach links bis an den Rand. Für diese Arbeit stehen dem Team maximal 10 Minuten zur Verfügung.

Nach welchen Kriterien bewertet der Leistungsrichter die Arbeit?

Maximal können in der Feinsuche 100 Punkte erzielt werden. 50 Punkte entfallen auf die Quersuche, die Führigkeit und den Arbeitseifer des Hundes. Bedeutet: Der Hund soll das Revier von Anfang bis Ende in systematischen Querschlägen durchgehen, Hör- und Sichtzeichen des Hundeführers gut annehmen und ausführen und im Sucheifer und Laufvermögen nicht nachlassen. Der Gegenstand selber ergibt 35 Punkte, die Anzeige 15 Punkte. Der Hund soll auf der Fundstelle sofort selbstständig mit intensivem Scharren beginnen und erst wieder damit aufhören, wenn der Hundeführer bei ihm angekommen ist und ihm geholfen hat, den Rucksack auszugraben.

Wird der vergrabene Rucksack speziell präpariert?

Nein. Der Rucksack wird mit Wolldecken, Kleidern oder anderen Materialen gefüllt. Als Füllung nicht zugelassen sind Futter, Esswaren oder Wärmeflaschen.

Und die Figuranten in der Grobsuche? Werden die wirklich im Schnee vergraben?

An einer Prüfung müssen für die Grobsuche vorgängig mindestens drei Vergrabstellen präpariert werden. Das heisst: Im Schnee werden Löcher vorbereitet, in denen die Figuranten (mit warmer Kleidung, Schlafsäcken und Wolldecken ausgerüstet) liegen können. Diese sind an einer Prüfung mit einem Funkgerät ausgerüstet und stehen in ständigem Kontakt mit der Vergrabmannschaft, die das Loch mit Schnee zuschüttet. Die Vergrabstellen sollten sinnvoll ins Gelände eigefügt werden, sodass man von blossem Auge nicht erkennen kann, wo die Figuranten versteckt sind.

Und diese bleiben während einer Prüfung die ganze Zeit im Schneeloch?

Mehr oder weniger. Abhängig von der Dauer der Prüfung und der Anzahl Teilnehmer werden die Figuranten auch mal ausgewechselt. Sicher ist: Wer sich für diesen Job zur Verfügung stellt, darf nicht unter Platzangst leiden.

Wie muss man sich das Gelände der Grobsuche vorstellen?

Die Lawinenfelder sollten möglichst auf einer Naturlawine angelegt werden. Als Ersatz kann im Gelände mit Schnee ein künstliches Feld präpariert werden. Ein künstlich hergerichtetes Feld muss mit einem Pistenfahrzeug abgefahren oder mit Ski festgetreten werden. Der Lawinenrand ist mit gelben Flaggen gut sichtbar zu markieren.

Entscheidet der Hundeführer selber, wo er mit der Suche beginnen will?

Nein, der Hundeführer erhält vom Leistungsrichter zwei bis drei Anhaltspunkte zum fingierten Lawinenniedergang respektive Unfall und die Angabe der Grundlinie, von der aus gestartet wird. Daraus leitet der Hundeführe den primären Suchbereich ab. Dieses «taktische Verständnis» fliesst ebenfalls in die Bewertung ein, ebenso das Suchverhalten des Hundes, dessen Gehorsam, theoretisches Wissen und Verhalten des Hundeführers sowie die Erfolgszeit.

Erfolgszeit – was ist darunter zu verstehen?

Die maximale Suchzeit für die Grobsuche beträgt 20 Minuten. Der Hund hat 10 Minuten Zeit, den primären Suchbereich ohne Abzug abzusuchen. Nach Ablauf der 10 Minuten wird pro angebrochene halbe Minute 1 Punkt in Abzug gebracht. Maximal können bei der Erfolgszeit 20 Punkte erzielt werden.

Was, wenn der Hund einen Figuranten nicht findet?

Dann gilt die Prüfung als «nicht bestanden». In der Grobsuche gibt es maximal 200 Punkte, wovon allein 100 Punkte auf das Auffinden der beiden Figuranten und die Anzeigen entfallen. Konkret: 35 Punkte gibt es pro Figurant und 15 pro Anzeige. Um die Prüfung zu bestehen, müssen in jedem Bereich mindestens 70 Punkte erzielt werden – was nicht möglich ist, wenn der Hund eine Person im Schnee liegen lässt.

Was gehört zur Grundausrüstung des Hundeführers?

An einer Lawinenhundeprüfung ist man nicht zu Fuss unterwegs, sondern mit Tourenskis. Bedeutet: Der Hundeführer behält die Skis mit Fellen stets an den Füssen – auch beim Ausgaben von Rucksack und Figuranten. Wer sich für den Lawinenhundesport interessiert, sollte das Skifahren beherrschen. Rucksack, Schaufel und Sondierstange gehören ebenso zur Ausrüstung.

Und vor allem braucht es Schnee…

Ja, die Trainingsmöglichkeiten sind nicht nur saisonal eingeschränkt, sondern auch von der Verfügbarkeit eines passenden Trainingsgeländes abhängig. Je nach Wohnort nimmt man eine mehrstündige Anreise an den Trainingsort in Kauf. Keine Frage: Der Lawinenhundesport ist ein zeit- und kostenintensives Hobby.

Kann man den Hund auch alleine ausbilden?

Die Feinsuche kann man durchaus alleine trainieren – bei der Grobsuche jedoch ist man auf Helfer, sprich Figuranten angewiesen. Lawinenhundesport ist ein Teamsport, ohne gut funktionierende Trainingsgruppe geht es nicht. Und: Da man selber für die anderen Teams auch in die Rolle des Figuranten, sprich ins Schneeloch schlüpft, dauert ein Training schnell mal mehrere Stunden.

Wie sehen die ersten Trainingsschritte aus?

Man beginnt mit einfachen Suchübungen im Schnee, bei denen viel Wert darauf gelegt wird, dass der Hund das Suchen und Finden von Personen positiv verknüpft. Endziel ist ja, dass der Hund bei einer Anzeige selbstständig und ausdauernd im Schnee scharrt und gräbt. Schrittweise wird dann der Schwierigkeitsgrad erhöht – grössere Suchfelder, längere Distanzen, schwierigere Verstecke der Figuranten.

Wie ist der Klassenaufstieg geregelt?

Begonnen wird immer in der Stufe 1 – auch wenn der Hund in einer anderen Sportart bereits in einer höheren Stufe abgeführt wurde. Damit man in die nächsthöhere Stufe wechseln darf, muss man eine Prüfung mit AKZ bestanden haben.

Braucht man eine Wettkampf-Lizenz?

Für die Teilnahme an Lawinenhundeprüfungen, die unter dem Patronat der Technischen Kommission für das Gebrauchs- und Sporthundewesen (TKGS) stehen, ist eine SKG-Mitgliedschaft zwingend und man benötigt ein Leistungsheft, das vorgängig beim TKGS-Sekretariat bezogen werden muss. Wettkampf-Lizenzen gibt es nicht.

Wie weiss man, wo Prüfungen stattfinden?

Die TKGS hat auf ihrer Internetseite einen Prüfungsspiegel aufgeschaltet, in dem sämtliche Prüfungen laufend aufgelistet werden und zu denen man sich online anmelden kann.

Wo findet man weitere Informationen?

Auf der Internetseite der Technischen Kommission für das Gebrauchs- und Sporthundewesen TKGS, www.tkgs.ch